Was hinter den Lieferungen steckt

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Klaus Forsthofer ist Autor des Handelsblogs „Marktplatz1“, selbst langjähriger Händler auf Amazon Marketplace und hält mittlerweile Vorträge, Workshops und Schulungen für andere Amazon-Händler. Hinter den unbestellten Paketen vermutet Forsthofer eine versuchte Manipulation des Amazon-Algorithmus.

Funktionieren soll diese Manipulation so: „Der Algorithmus bestimmt die Reihenfolge der angezeigten Produkte, wenn ein Nutzer bei Amazon etwas sucht. Die Stelle, an der ein Produkt steht, hängt unter anderem von der sogenannten Konversionsrate ab“, erklärt Forsthofer. Diese Rate setzt die Besucher einer Produktseite mit den tatsächlichen Käufern ins Verhältnis. Je mehr Kunden ein Produkt hat, desto höher ist die Konversionsrate des Produkts und umso prominenter wird es angezeigt.

„Mit dem Versenden der unbestellten Produkte und dem angeblichen Verkauf wollen die Händler die Konversionsrate ihrer Produkte verbessern und so sichtbarer für die Kunden werden. Amazon wird vorgegaukelt, dass die Kunden diese Artikel lieben“, sagt Forsthofer. In Wirklichkeit tun sie das nicht, auch Bernd Jaegers Begeisterung für seine Pakete hält sich in Grenzen.

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Wirtschaftlich erscheinen die unbestellten Pakete für die Händler auf den ersten Blick wenig Sinn zu ergeben. Immerhin müssen sie den Versand zahlen und verschicken ihre Produkte auf eigene Rechnung. Doch mehr Popularität auf Amazon rechtfertigt dieses Übel offenbar.

„Die verschickten Waren müssen bei Amazon als verifizierter Kauf registriert werden, damit der Algorithmus sie erkennt. Dafür verschicken die Marketplace-Händler Produkte mit ganz niedrigen variablen Kosten und kaufen diese quasi selbst“, erklärt Forsthofer. Er schätze, dass die Gesamtkosten solcher Lieferungen für die Händler zwischen drei und sechs Euro liegen. Es ist auch denkbar, dass sich Händler über das gefälschte Kundenkonto auch noch selbst eine gute Bewertung schreiben. Dafür finden sich bislang allerdings weder Belege noch Gegenbeweise.

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Woher kommen die Händler nun an die Adressen? Immerhin müssen sie die Artikel an existierende Anschriften senden und mit denen einen Account erstellen, der auf den Namen des angeblichen Kunden läuft. „Die Händler suchen sich irgendwelche Adressen im Internet. Welche Adressen das sind oder ob die Artikel jemals ankommen, das ist ihnen egal. Hauptsache ist, dass die Artikel verschickt werden und bei Amazon als Verkauf eingehen“, erklärt Amazon-Coach Klaus Forsthofer. Die betroffenen Empfänger wie Bernd Jaeger seien für die Händler nur „Mittel zum Zweck“. Auch Jaegers Adresse dürften die Händler aus dem Internet haben. Immerhin steht sie online im Impressum seines Blogs.

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Was letztendlich mit den Paketen passiert, ist Sache der Empfänger – einen wirtschaftlichen Schaden haben Sie nicht, die Artikel sind ja bezahlt. „Das ein oder andere Produkt konnte ich in der Verwandtschaft unterbringen, weil dann tatsächlich jemand einen ‚Wasser-Qualitätsmesser‘ benötigte“, erklärt Jaeger. „Vieles ist einfach im Müll gelandet, weil mir bei dem Preis der Produkte sogar der Weiterverkauf zu aufwändig war.“

Amazon-Pakete, die im Müll landen? Das passt so gar nicht zu dem Bild, das der Online-Händler mit seinen fröhlich singenden Paketen gerne suggerieren würde. Doch nicht nur bei Bernd Jaeger zuhause landen die Pakete im Müll, auch Amazon selbst ist darin ganz gut.

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