Ist die Mittellinie tabu?

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Wann darf man eine durchgezogene Linie auf der Straße überfahren? Diese Frage beschäftigt Autofahrerinnen und -fahrer immer wieder, wenn sie andere überholen wollen.

Offiziell heißt die durchgezogene Linie „Fahrstreifen­begrenzung“. © Jens Kalaene/dpa

Darf man an Hindernissen vorbeifahren, wenn man dazu eine durchgezogene Mittellinie oder eine Sperrfläche überfahren muss? In der Fahrschule lernt man ja, dass Radfahrer dann nicht überholt werden dürfen, aber darf man an einem haltenden Postauto, an einem Bus oder an einer Straßenbahn an einer Haltestelle vorbeifahren?, will ZEIT-ONLINE-Leser Frederic Nerlich aus Dresden wissen.

Die in der Fahrschule erlernten Grundsätze sollten Autofahrerinnen und Autofahrer auch im Alltag beherzigen, etwa gegenseitige Rücksichtnahme und vorausschauendes Fahren. Das gilt auch für die Regel, eine durchgezogene Linie als Fahrstreifenbegrenzung (Zeichen 295) oder auch eine Sperrfläche (Zeichen 298) nicht zu überfahren oder zu benutzen, auch nicht teilweise.

Allerdings gibt es dabei noch Details zu beachten, wie Verkehrsrechtsexperte Herbert Engelmohr vom Automobilclub von Deutschland (AvD) erläutert. „Bei der durchgezogenen Linie werden drei Funktionen unterschieden: ob sie den für den Gegenverkehr vorbehaltenen Teil der Fahrbahn oder mehrere für den gleichgerichteten Verkehr vorbehaltenen Streifen oder als Fahrbahnbegrenzung den Seitenstreifen oder Sonderwege abtrennt. Fährt man an Radlern auf einem solchen Sonderweg vorbei oder überholt sie, verlangt die Rechtsprechung, dass ein ausreichender Seitenabstand eingehalten wird“, sagt Engelmohr. „Die Gerichte begründen diese Anforderung mit dem Ausschwenken der Radler beim Fahren. Der ausreichende Abstand dient deren Schutz und Sicherheit.“

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Herbert Engelmohr

ist Verbandsjurist des Automobilclub von Deutschland (AvD). Er befasst sich als Rechtsanwalt seit mehr als 20 Jahren mit verkehrsrechtlichen Fragestellungen.

Im Fall des von unserem Leser geschilderten Beispiels gilt deshalb: „Kann ein Radfahrer oder eine Radfahrerin nicht mit ausreichendem Seitenabstand überholt werden, ohne die durchgezogene Mittellinie auch nur teilweise zu überfahren, muss man hinter dem Radfahrer bleiben und darf nicht überholen“, sagt Engelmohr.

Anders sieht es dagegen bei stehenden Fahrzeugen und anderen Hindernissen aus, wie Engelmohr erklärt. „In diesem Fall darf man mit der gebotenen Vorsicht und Umschau ausnahmsweise darum herumfahren, sofern man nicht den Gegenverkehr oder andere Verkehrsteilnehmer auf den links befindlichen, gleichgerichteten Fahrstreifen gefährdet.“ In diesem Fall dürfen also beispielsweise die vom Leser genannten Fahrzeuge wie ein Postauto, ein Linienbus oder eine Straßenbahn vorsichtig überholt werden.

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