Iran feiert 40 Jahre Islamische Revolution. Die Söhne und Töchter der Elite nehmen es mit dem Purismus der Geistlichen nicht so genau – und stellen auf Instagram ihr Luxusleben zur Schau. Das sorgt für Ärger.
instagram/ sasha_sobhani
Instagram-Account von Diplomatensohn Mohammed „Sasha“ Sobhani: Frauen, Alkohol, Louis Vuitton
Im Januar hat sich Mohammed „Sasha“ Sobhani in einem Hotel in Düsseldorf offenbar mal wieder so richtig was gegönnt: Der 31-Jährige posierte für ein Instagram-Video mit drei jungen Frauen in Spitzenunterwäsche.
Das Video zeigt ihn, wie er im Bett sitzt und betont lässig auf einem Apple-Laptop tippt, während eine der Frauen ihm den Hals küsst. Im Hintergrund läuft dazu ein Lana-del-Rey-Remix. Über eine Million Mal wurde das Video bereits aufgerufen.
Sobhani ist der Sohn von Irans Ex-Botschafter in Venezuela, Ahmad Sobhani. Auf Instagram zeigt er sich mit Frauen, Alkohol, Louis-Vuitton-Taschen und immer neuen Porsches, jedes Mal in einer anderen Farbe. Er hat über 550.000 Follower. Die meiste Zeit lebt er in Dubai.
Der Nachwuchs der Elite zelebriert lasziven Luxus
„Aghazadeh“ – die Wohlgeborenen, so nennen die Iraner die Töchter und Söhne der Elite. Deren Leben hat kaum etwas mit dem Alltag in der Islamischen Republik gemeinsam. Für die Wohlgeborenen gelten andere Regeln. Von Sobhanis Schwester Faezeh zirkulieren Fotos, auf denen sie ohne Schleier zu sehen ist, in einem schwarzen Kleid mit tiefem Ausschnitt – und das offenbar in Iran.
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Vetternwirtschaft ist kein neues Problem in Iran. Doch in den sozialen Medien wird das Ausmaß nun für alle sichtbar. Dort protzen die Söhne und Töchter der gut Vernetzten mit ihrem Luxusleben – und das ausgerechnet jetzt, da Iran eine schwere Wirtschaftskrise durchmacht, die durch die wieder eingeführten US-Sanktionen noch verschärft wird.
Vergangenen Sommer ging ein Foto einer Enkelin von Revolutionsführer und Staatsgründer Ruhollah Khomeini in den sozialen Medien viral. Es zeigte sie in Paris mit einer Dolce-&-Gabbana-Tasche im Wert von fast 3300 Euro. Die Empörung war groß – auch wenn offen blieb, ob die Tasche echt oder ein billiges Imitat war.
Für Aufsehen sorgte auch Rasoul Tolouei, Sohn von Saeed Tolouei, einem Ex-General der Revolutionswächter und Ex-Bürgermeister in zwei Teheraner Bezirken. Er hatte auf Instagram offenbar Fotos von dem Tiger gepostet, den er als Haustier hält, von seinem Cadillac und von der Riesenparty mit rosa-weißer Dekoration, die er seiner Tochter zum zweiten Geburtstag organisiert hatte. „Es ist für einen 25-jährigen Jungen unmöglich, selbst so reich geworden zu sein“, schrieb der konservative iranische Geistliche Mahdi Sadrossadati seinen fast 280.000 Followern. Er teilte die Bilder Toloueis. Dessen Konto ist inzwischen verschwunden.
Das anonym geführte Instagram-Konto „RKOT“ für „Rich Kids of Teheran“ gibt regelmäßig damit an, dass für die Elitekinder andere Regeln gelten. Kein Kopftuch, kurze Röcke, Snowboard-Wochenenden, Ferraris, Pool-Partys und Drinks – für sie ist alles möglich, auch in Iran.
Die Wut ist groß. Die politische Führung weiß genau, wie gefährlich Volkes Zorn werden kann: Am 11. Februar feiert die Islamische Republik ihr 40-jähriges Bestehen – zum Sturz des Schahs hatte damals die Empörung über dessen extravaganten Lebensstil und die brutale Repression beigetragen. Revolutionsführer Ali Khamenei lebt notorisch sparsam, auch wenn er milliardenschweren Gesellschaften vorsteht.
Lukrative öffentliche Zuschläge dank „guter Gene“
Im Dezember hatte Hassan Rohanis 33-jähriger Schwiegersohn Kambiz Mehdizadeh einen hochrangigen Beamtenposten nach nur zwei Tagen wieder räumen müssen. Quasi aus dem Nichts war Mehdizadeh nur rund vier Monate nach seiner Hochzeit mit Rohanis Tochter plötzlich Chef des öffentlichen Wissenschaftsinstituts Geological Survey of Iran geworden.
Mit seinem Rücktritt hatte Mehdizadeh wohl auf die harsche Kritik an ihm und an Präsident Rohani reagiert. Viele Iraner hatten über den Schwiegersohn gespottet, er zeige, wie man „gute Gene“ nun auch durch Heirat bekommen könne – „gute Gene“ ist in Iran seit Kurzem ein ironischer Ausdruck für die Kinder der Mächtigen.
Denn 2017 hatte der junge, reiche Unternehmer Hamid Reza Aref in einem Interview seinen Erfolg auf seine „guten Gene“ zurückgeführt. Aref ist der Sohn des Ex-Vizepräsidenten Mohammad Reza Aref. Er hatte lukrative öffentliche Zuschläge bekommen, als sein Vater im Amt war.
Irans Justiz will offenbar Instagram sperren
Auch andere Regierungsmitglieder wirken in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten bemüht, zu beschwichtigen. So betont Außenminister Mohammad Javad Zarif gern, dass seine Kinder in Iran lebten.
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Denn auf Twitter ärgern sich Iraner unter dem Hashtag „Farzandet Kudschast“ („Wo ist dein Kind?“) darüber, dass viele Mächtige ihre Sprösslinge auf die besten Universitäten im Ausland schicken und ihnen so gute Jobs im Westen ermöglichen, während das eigene Volk in der Misere festsitze.
Eigentlich werden die meisten sozialen Netzwerke in Iran gesperrt. Instagram bisher noch nicht – dies solle nun bald geschehen, kündigte Irans Justiz im Januar an. Womöglich will man so verhindern, dass der Zorn weiter geschürt wird. Doch die Iraner sind geübt darin, neue Wege zu finden, um die Zensur zu umgehen.
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