Die Zukunft Berlins könnte in Brandenburg liegen

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Die Stadt dehnt sich aus: Wo könnten die Berliner künftig leben? Planer schauen über die Stadtgrenzen hinaus nach Brandenburg.

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Ein Stern mit Berlin in der Mitte und vielen weiteren Zentren im Umland der Stadt: So stellt sich Sebastian Witzke die Hauptstadtregion vor. Der Entwurf „Dezentrale Konzentration“ ist sein Beitrag zu einem Ideen-Wettbewerb des Bunds Deutscher Architekten, der um Vorschläge zu einer neu gegründeten Stadt vor den Toren Berlins gebeten hatte.

Foto: Sebastian Witzke

Berlin. Die Zukunft der Stadtentwicklung könnte nur zehn Kilometer hinter der Stadtgrenze hinter einem Zaun versteckt liegen. 108 Hektar fast unbebaute Fläche verbergen sich hinter dem Zaun, in den zahlreiche Ruinenfans bereits Löcher geschnitten haben, um sich auf dem Gelände umzusehen: dem ehemaligen Flughafen Rangsdorf.

Verfallene Gebäude mit zerbrochenen Fensterscheiben und eingefallenen Dächern, Zufahrten, auf denen zwischen Pflastersteinen das Unkraut wächst – aber vor allem: viel Platz für all das, was in Berlin um die verbliebenen Freiflächen konkurriert – bezahlbare Wohnungen, neue Schulen und Kitas, viel Grün und Freizeitflächen.

In der Diskussion über einen neuen, einen 13. Bezirk für Berlin schauen Politiker, Stadtplaner, Architekten über die Stadtgrenzen hinaus. Berlin und Brandenburg müssten kooperieren, forderte Tobias Schulze, stell­vertretender Vorsitzender der Linken Berlin, in der Berliner Morgenpost. Christian Gräff, bau- und wohnungspolitischer Sprecher der CDU, sagte: „Ohne die Einbeziehung Brandenburgs geht es nicht.“

Einer der Orte, den Stadtentwickler im Blick haben, ist der ehemalige Flughafen Rangsdorf. Am 30. Juli 1936, am Vorabend der Olympischen Sommerspiele, wurde der Reichssportflughafen, so sein offizieller Name, mit dem „Internationalen Kunstflugwettbewerb um den Preis der Nationen“ eröffnet. Die Lage direkt am See ließ es zu, dass sowohl Land- als auch Wasserflugzeuge landen konnten. Heinz Rühmann und Beate Uhse flogen von hier ab. Später wurde der Flugplatz sowohl zivil als auch militärisch genutzt. Er war Sitz der Bücker Flugzeugbau GmbH, wo erst Sportflugzeuge, später vor allem Schulflugzeuge für die Luftwaffe gebaut und eingeflogen wurden. Bis zu 1000 Menschen arbeiteten in den Werken.

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Viele ehemalige Militärflächen warten auf eine neue Nutzung

Seit dem Abzug der sowjetischen Streitkräfte steht das Gelände leer und verfällt. Es gab mehrere Eigentümerwechsel, bevor im vergangenen Jahr die Nürnberger Immobilienentwickler Terraplan Teile des ehemaligen Flughafens übernahmen. „Wir sind derzeit in der Ideenfindung“, sagt Stefanie Egenberger von Terraplan. „Wir befinden uns in Absprachen mit der Gemeinde, was hier entstehen kann.“ Das Unternehmen hat bereits das ehemalige Olympische Dorf in Elstal übernommen und umgebaut.

Der Flugplatz Rangsdorf gehört zu den sogenannten Konversionsflächen – ehemals militärisch genutzte Flächen, die jetzt leer stehen und auf eine Nachnutzung warten. In Brandenburg bestehen zahlreiche solche Flächen, die meisten davon in der ehemaligen Garnisonstadt Potsdam. In der ehemaligen Kaserne Krampnitz im Norden der Stadt will die städtische Wohnungsbaugesellschaft ProPotsdam in den kommenden zehn bis 15 Jahren Wohnungen für 10.000 Menschen bauen. Insgesamt hat Potsdam ein Potenzial für 16.000 Wohnungen in der Stadt festgestellt, die jetzt nach und nach erschlossen und bebaut werden sollen.

Wie viel Wohnraum in Rangsdorf entstehen kann, ist noch nicht endgültig geklärt. Allein Terraplan plant auf ihrem Gelände mehrere Hundert Häuser und Wohnungen. Etwas weiter sind die Planungen bereits in anderen Gemeinden des Umlandes. In Schönefeld plant Bürgermeister Udo Haase mit mehr als 20.000 neuen Wohnungen zwischen Neukölln und dem neuen Flughafen BER. In Bernau besteht ein Potenzial für knapp 6000 Wohnungen – wenn sich ein Investor für die Zentrale des alten Heeresbekleidungshauptamtes findet – ebenfalls eine Konversionsfläche. In einer Nebenstelle des Amtes sind bereits 640 Wohnungen entstanden.

In Brandenburg gibt es Platz genug

An Platz mangelt es in Brandenburg nicht, um die stetig steigende Bevölkerungszahl in der Metropolenregion mit Wohnraum zu versorgen. Oft scheitert es allerdings an der fehlenden verkehrlichen Anbindung, oder, wie bei den ehemaligen Truppenübungsplätzen, an der Belastung des Bodens. Eine umfangreiche Räumung der im Boden versteckten Munitionsreste lohnt sich für Immobilieninvestoren nicht.

Nach Brandenburg ziehen: Das ist für viele Berliner eine Option – weil sie auf bezahlbarere Wohnungen hoffen, sie die Ruhe in der Uckermark schätzen, weil sie wollen, dass ihre Kinder im Grünen aufwachsen, oder auf weniger Kriminalität hoffen. Sie nehmen dafür das tägliche Pendeln in die Stadt in Kauf – und wünschen sich bessere Verbindungen.

Dennoch herrschte bei der gemeinsamen Stadtplanung von Berlin und Brandenburg lange Schweigen. Nach der Absage der Länderfusion durch Brandenburg kühlte sich das Verhältnis der beiden Bundesländer spürbar ab. Erst im vergangenen Jahr näherten sich die beiden Landesregierungen wieder an und treffen sich regelmäßig zu gemeinsamen Sitzungen.

Wohnungsneubau soll in der Region vor allem an den Straßen und Schienenverbindungen entlang gefördert werden – dem sogenannten Siedlungsstern. Das soll das Umland für Pendler attraktiver machen, außerdem will sich Brandenburg den naturnahen Charakter nicht durch eine flächendeckende Zersiedlung zerstören. Neue Siedlungsachsen sollen nur nach Wandlitz im Norden und Werneuchen im Nordosten entstehen.

Große Neubaugebiete sind in Berlin kaum noch möglich

Berlin hat nur noch wenige Flächen, auf denen große Neubaugebiete überhaupt möglich wären. Immer wieder genannt werden die Elisabeth-Aue, der Flughafen Tegel, auf dem – nach der geplanten Schließung – 5000 Wohnungen gebaut werden sollen, auf dem aber Platz für mehr wäre, der Blankenburger Süden und die Buckower Felder. Auch das Tempelhofer Feld weckt weiter Begehrlichkeiten, zumindest für eine Randbebauung, wie sie beim Volksentscheid 2014 zur Debatte stand – und abgelehnt wurde.

Die größten Gebiete aber liegen am Stadtrand – und rücken damit eine Kooperation zwischen Berlin und Brandenburg beim Wohnungsneubau in den Fokus. Denn nicht nur in Berlin, auch in Brandenburg wächst der Druck auf den Wohnungsmarkt. Während Berlin um jährlich 30.000 bis 40.000 Einwohner wächst, ziehen auch 20.000 bis 30.000 Menschen mehr nach Brandenburg als wegziehen.

Deswegen hat Brandenburg ein neues Förderprogramm in Höhe von 100 Millionen Euro aufgelegt, um den Neubau von bezahlbarem Wohnraum zu unterstützen. Und auch beim Bau neuer Schulen und Kitas will das Land vorankommen: Kommunen können dafür jetzt auf kostenlose Landesgrundstücke zurückgreifen.

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